Raffaello Santi da Urbino – Maler der Renaissance

Raffaello Santi, kurz Raffael genannt, zählt zu den berühmtesten Malern der italienischen Renaissance. Der aus Urbino stammende Maler und Baumeister fertigte für den Papst sein bekanntestes Werk.

Weltberühmt wurden die von Raffael (1483–1520) erstellten Fresken in den "Stanzen" – den päpstlichen Privatgemächern im Vatikan in Rom. 1508 berief Papst Julius II. (Giuliano della Rovere, 1503–1513) den jungen Künstler nach Rom, um die vier Räume Stanza della Segnatura (Saal der Signatur), Stanza di Eliodoro (Saal des Heliodors), Stanza dell'Incendio (Saal des Borgobrandes) und Sala di Costantino (Saal des Konstantins) nach seinen Vorschlägen und der ihn beratenden Humanisten und Theologen mit Fresken auszuschmücken. Raffael sollte in diesen Fresken das von Julius II. (1443–1513) humanistisch geprägte kulturelle Klima Roms wiedergeben. Eins wohl der bedeutendsten Werke der europäischen Malerei entstand in der Stanza della Segnatura – das Fresko "Die Schule von Athen". Auf dieser Wandmalerei sind Philosophen und Gelehrte aus verschiedenen Jahrhunderten dargestellt, die für das geistige Leben der Renaissance von herausragender Bedeutung waren.

Leben und Werke des Malers Raffael

06.04.1483
In Urbino als Sohn von Giovanni Santi (+1494) und Magia Ciarla (+1491) geboren, wuchs Raffael im Hause seiner Eltern auf, wo er eine wohlumsorgte Erziehung genoss.
Sein Vater, ein eher unbedeutender Maler am Hofe Federigos, vermittelte ihm die ersten Kenntnisse in den Techniken der Malerei.

1491–1504
Er sorgte auch dafür, dass Raffael zur Weiterbildung nach Perugia in die Werkstatt des damals geschätzten Malers Pietro Vannucci (1445/48–1523), genannt Perugino, aufgenommen wurde, der als eigentlicher Lehrer Raffaels gilt. Dort beginnt er bereits im Alter von 8 Jahren seine Lehrzeit. Schon bald ließen seine Bilder keinen Unterschied zu den Originalen Peruginos erkennen, so genau kopierte er dessen Manier.
Zum Ende seiner Lehrjahre begab er sich nach Città di Castello, wo er sein frühes Hauptwerk "Die Vermählung der Jungfrau Maria" ("Lo Sposalizio") malte, welches die Techniken seines Meisters übertraf (1504). (heute: Mailand, Pinacoteca di Brera)

1504–1508
Nach seiner Ausbildung hielt Raffael sich in Florenz auf, wo zahlreiche seiner hochgeschätzten Madonnenbilder entstanden. Die Bilder aus dieser Zeit lassen den Einfluss Leonardo da Vincis (1452–1519) erkennen.

1508–1511
Im Herbst des Jahres 1508 berief Julius II. den jungen Künstler auf Empfehlung seines Onkels Donato Bramante (1444–1514), dem neuen Baumeister von Sankt Peter, nach Rom. Dort sollten die "Stanzen" der päpstlichen Gemächer im zweiten Stock des Vatikanpalastes mit Wandgemälden ausgeschmückt werden. Julius II. beauftragte einige Maler für dieses Projekt, doch nachdem ihn das Talent Raffaels so beeindruckte, entließ er alle anderen und wählte Raffael als einzigen Künstler für diese Arbeiten aus. Es wurden seine berühmtesten Werke, die in der Geschichte der europäischen Malerei als uneingeschränkte Meisterwerke der Renaissance gelten. Raffael verließ Florenz ohne die dort begonnene Arbeit, eine Altartafel für die Kapelle Santo Spirito, zu vollenden.

Er begann in der Stanza della Segnatura mit den Dekorationen ohne weitere Unterstützung seiner Gehilfen und Schüler. In diesem Raum, den Julius II. als Bibliothek und Studierzimmer nutzte, wurden Mitte des 16. Jahrhunderts vom Höchsten Gericht des Heiligen Stuhls wichtige Dokumente unterzeichnet. Julius II. hatte den Wunsch, dass sich in der Darstellung der Fresken Religion und geistige Wahrheit harmonisch vereinen. Als erstes vollendetes Fresko entstand "Die Disputation über das Altarsakrament". Die gegenüberliegende Wand zeigt das heute weltberühmte Fresko "Die Schule von Athen" (1510), in dessen Zentrum Plato und Aristoteles stehen. Umgeben sind sie von Weltweisen der Astrologie und Philosophie sowie Zeitgenossen Raffaels, die gemeinsam im Gespräch abgebildet sind. Am rechten Rand des Freskos stellte Raffael ein Selbstbildnis dar. Ebenso in diesem Raum das Wandgemälde "Der Parnass". Auf dem Berg Parnass wird der Gott Apoll umgeben von Musen dargestellt. Dem gegenüber das Fresko "Die Kardinals- und Gottestugenden und das Gesetz".

1511
Zu dieser Zeit lernte er Michelangelo Buonarotti (1477–1564) kennen, der die Decke der Sixtinischen Kapelle malte. Nachdem Raffael den ersten Teil dieser fertiggestellten Fresken zu Gesicht bekam, entschloss er sich, seinen eigenen Stil zu verändern, indem die Darstellung seiner Figuren zunehmend dynamischer wurden und er ihnen mehr Größe und Würde verlieh.

1511–1514
Papst Julius II. war von der Arbeit Raffaels so begeistert, dass er ihm auch das zweite Zimmer, die Stanza di Eliodoro (1512–1514), in Auftrag gab, welches er auch alleine ausarbeitete.
Ebenso fertigte er für ihn ein Porträt an, dass so treu und ähnlich wirkte, als ob es lebendig wäre (1511–1512). (heute: Florenz, Uffizien)

Sein Ruf als ruhmreicher Maler und sein freundliches Wesen verlieh ihm großes Ansehen in Rom. Neben vielen Aufträgen, die er als gerngesehener Künstler durch die am Hofe verkehrenden Persönlichkeiten erhielt, beauftragte ihn der päpstliche Bankier Agostino Chigi (+1520) mit der Dekoration der Loggia seiner Villa Farnesina (1508–1511) in Trastevere, Rom. Das Fresko illustriert Szenen aus der klassischen Mythologie, wie der "Triumph der Galatea" und das Deckenfresko "Amor und Psyche" (1511).

Raffaello Santi, Triumph der Galatea
Fresko "Triumph der Galatea" von Raffael in der Villa Farnesina, Rom
© Brigitte Loosen
Raffaello Santi, Amor und Psyche
Deckenfresko "Amor und Psyche" von Raffael in der Villa Farnesina, Rom
© Brigitte Loosen

Doch während dieser Zeit konzentrierte Raffael sich nicht vollends auf seine Arbeit, da er abgelenkt wurde von seiner Geliebten. Sein Mäzen Agostino veranlasste daher, dass sie sich in seiner Nähe aufhielt, damit das Werk endlich vollendet wurde. Hiernach veranlasste Agostino Chigi die Ausschmückung der Kapelle in der Kirche Santa Maria della Pace in Rom. Diese Arbeit verlieh Raffael den größten Ruhm überhaupt, da die Darstellung der Personen durch ihre vollendete Lebendigkeit bestechen (1512–1514).

Nach Fertigstellung der Stanza della Segnatura führte er seine Arbeiten in der Stanza di Eliodoro fort. Es entstanden die Werke "Die Messe von Bolsena" (1512), "Die Befreiung des Petrus aus dem Kerker" (1514), "Die Vertreibung des Heliodor aus dem Tempel" sowie das letzte in diesem Raum gefertigte Fresko "Begegnung zwischen Leo dem Großen und Attila". Die dargestellten Szenen verbinden religiöse Themen mit politischen Ereignissen aus jener Zeit.

Zugleich schuf er auch sein berühmtestes Madonnenbild, die "Sixtinische Madonna" (1513). Es zeigt Maria mit dem Jesuskind im Arm. Flankiert wird die Madonna von Papst Sixtus II. (257–258) und der Heiligen Barbara. Am unteren Bildrand sind zwei Engel dargestellt, die heute vielfach als eigenständiges Motiv für Kalender, Postkarten und andere Kunstdrucke verwendet werden. Das Bild war als Schenkung Papst Julius II. an die Provinz Piacenza bestimmt. (heute: Dresden, Gemäldegalerie)

Am 13. Februar 1513 verstarb Papst Julius II. Sein Nachfolger, Papst Leo X. (Giovanni de'Medici, 1513–1521), war ein großer Gönner Raffaels, der die Fortsetzung der Arbeiten in den Zimmern befürwortete.

1513–1517
In den folgenden Jahren war Raffael vorwiegend als Architekt tätig. Er überließ viele seiner Aufträge seinen Gehilfen und Schülern, darunter Giulio Romano, da ihm seine umfangreichen Tätigkeiten als Baumeister kaum noch Zeit ließen, seine Malereien selbst auszuführen. In den Jahren 1513–1516 wurde nach seinen Entwürfen der Bau und die Ausstattung der Chigi-Kapelle in der Kirche Santa Maria del Popolo in Rom ausgeführt. Besonders beeindruckend ist das Kuppelmosaik, das nach seinen Zeichnungen angefertigt wurde.
Nach dem Tode seines Onkels Bramente im Jahre 1514 übertrug ihm Leo X. (1475–1521) die Bauleitung von Sankt Peter. Er änderte den, von seinen Vorgängern geplanten Grundriss der Kathedrale, von der Form eines griechischen in die eines lateinischen Kreuzes um.

In der Stanza dell'Incendio di Borgo (1514–1517), der unter Leo X. als Speiseraum genutzt wurde, übertrug Raffael einen Großteil der Arbeiten seinen Schülern. Sie fertigten nach seinen Entwürfen "Der Brand des Borgo" sowie weitere Fresken, die das Leben des regierenden Papstes sowie seiner Namensvorgänger illustrieren.

1515–1516
Leo X. bestellte bei Raffael 10 Wandteppiche zur Dekoration der unteren Wände der Sixtinischen Kapelle. Hierzu entwarf er auf Kartons kolorierte Vorlagen mit Szenen aus dem Leben der Apostel Petrus (4 Stück) und Paulus (6 Stück). Die Gobelins wurden nach diesen Kartons in Brüssel in der Weberei der Brüder van Aelst gefertigt (1517–1520) und erstmalig 1519 aufgehangen. Die kostbaren Teppiche durften nur bei großen Festlichkeiten bewundert werden. Sie wurden 1527 geraubt und kehrten später nach Rom zurück. (heute: 7 Kartons: London, "Victoria and Albert Museum", 3 Kartons verschwanden / Teppiche: Rom, Vatikanische Museen)

1516–1520
Sein letztes eigenhändig gemaltes Altarbild war die "Verklärung Christi". Dieses Meisterwerk, von Kardinal Giulio de'Medici für die Kathedrale Saint Justes in Narbonne, Frankreich, vorgesehen, gilt nach Vasari als "schönstes, göttlichstes und am meisten bewundertes Werk". Das Gemälde ging zuerst nach Frankreich, kehrte aber später wieder nach Rom zurück. (heute: Rom, Vatikanische Museen)

1517
Raffael begann im letzten Zimmer, dem Sala di Costantino, auf Anweisung Leos X. mit seiner Arbeit an den Fresken über das Leben des römischen Kaisers Konstantin (306–337). Doch erst nach seinem Tod wird die Vollendung der Malereien (1524) seinen ehemaligen Meisterschülern Giulio Romano, der die Werkstattleitung bis 1523 übernahm, sowie Giovanni Francesco Penni und Raffaellino del Colle zugeschrieben. Die Arbeiten in diesem Zimmer finden daher eine nicht so große Anerkennung, wie die anderen drei.

06.04.1520
Raffael verstarb an seinem 37. Geburtstag, einem Karfreitag, in Rom und wurde im Pantheon beigesetzt. Über die Todesursache ist man sich nicht einig. Es wird behauptet, er sei an einer Geschlechtskrankheit gestorben, die er sich Aufgrund seiner Beliebtheit bei Frauen zugezogen haben soll. Andere Quellen berichten, sein Tod wäre die Folge einer Erkrankung am Sumpffieber gewesen.

Quelle: Aus den Viten von Giorgio Vasari (1511–1574), Kunsthistoriker